Bärenfels nach dem Fest der Drachen (2016)

"Wie lange war sie denn vermutlich schon tot, als ihr sie gefunden habt, Stunden, Tage, Wochen? Und wo genau habt ihr sie gefunden, jemand meinte Nahe Dreiburg?"

Lenz
Der Reiter schien zu überlegen.
"Also... tot schien sie tatsächlich erst seit ein paar Tagen zu sein. Und ja, es war in der Nähe von Dreiburg in einem Waldstück. Etwa eine Stunde südöstlich. Aber... warum interessiert Ihr Euch eigentlich so dafür?"

"Ich kenne Asdis schon ein Weilchen, ebenso Sir Owen, da bin ich halt interessiert. Wie hat dieser denn reagiert? Ich meine klar, sicherlich war er am Boden zerstört und so, aber was hat er gesagt, erinnert Ihr euch noch?" Lenz hatte sich unbewusst vorne auf die Theke gelehnt. Er streckte sich nach hinten und hoffte nicht allzu neugierig rüber zu kommen, soetwas konnte ganz schnell falsch interpretiert werden. Andererseits war ein neugieriger Wirt auch nichts, was sonderlich viel Aufmerksamkeit erregte, so war das Kneipenvolk, immer an Klatsch und Tratsch interessiert.

Nachdem Seran das Dokument kurz in Augenschein zu nehmen schien, faltete er es vorsichtig zusammen um das Siegel nicht zu zerstören und stecke es in seine Gürteltasche.
"Dann gibt es nun nichts mehr was uns hier hält", sagte er zu Sir Landraik und Frederik.

Als sie wieder auf dem Hof waren, überprüfte Seran noch ein letztes mal die Pferd, welche der Stallknecht bereits abgebunden und ihnen entgegen brachte.
Frederik verabschiedete sich von ein paar seiner Kameraden, welche noch auf dem Hof waren und hörte sich dabei diverse Kommentare an, welche ganz klar auf ein Misstrauen gegenüber seiner Begleitung abzielten. Anschließend kam er zu Seran.

"Wir werden jeden Tag solange reiten bis wir noch mindestens eine Stunde Tageslicht haben und ebenso, werden wir mit dem Tageslicht wieder aufbrechen", sagte Seran als er auf das Pferd stieg und erst mit dem zweiten Versuch den Steigbügel fand.
Frederik setzte sich ebenso in den Sattel und schien nur darauf zu warten, dass der Elf los ritt.
Das tat der Elf auch, aber noch ohne vorher noch etwas zu sagen, was Frederik merklich verunsicherte: "Ein gesundes Misstrauen wird niemals falsch sein."

Lenz
Der Reiter schaute nun etwas bestürzt drein. Die Erinnerung schien ihm noch nahe zu gehen.
"Owen war nicht nur am Boden zerstört... ich habe noch nie einen Mann so gesehen. Anfangs hat er es nicht wahrhaben wollen... hat die Achte angefleht... seine Frau im Arm gehalten und fast ununterbrochen geschrien. Als seine Stimmbänder fast nichts mehr hergaben hat er uns befohlen zu gehen. Er hat einen Brief hingeschmiert und ihn unserem Hauptmann mitgegeben. Für Sir Duran, sagte er. Aber es kam irgendwie nicht mehr viel... sein Blick war leer. Wenn ich nicht wusste, wie ein gebrochener Mann aussieht, dann weiß ich es jetzt."

Der Mann lehnte sich ein Stück weiter zu Lenz:
"Und wenn ich ehrlich bin... ich weiß nicht... das klingt bösartiger, als es gemeint ist... aber vielleicht wäre es besser, er würde sich zu seiner Gemahlin betten in die letzte Ruhestätte. Wenn er wiederkommt, dann glaube ich nicht, dass er noch derjenige sein wird, der hier losgeritten ist."



Seran
Frederik seufzte innerlich. Also wieder ein Gewaltritt. Aber vielleicht dieses Mal ohne die blöden Sprüche von seinen Kumpanen.


Für Seran geht es hier weiter.

Lenz fühlte die Betroffenheit in den Worten des Reiters. Als Steuereintreiber hat ihm Owen oft genug das Leben schwer gemacht, aber solch einen Schmerz hatte niemand verdient. "Ja... ich verstehe. Ein Schmerz direkt aus den Tiefen von Xeens Schlund. Man mag es sich kaum vorstellen." Die beiden Männer nickten sich bedächtig einander zu und der Schankwirt dachte an seine Mutter, welche vor Jahren schon an einer Lungenentzündung verstorben war. Lautes Gejohle durchbrach die kurze Stille, als die anderen Gäste nach Bedienung verlangten. Als Lenz den Bedürfnissen in der Taverne nachgekommen war, ging er wieder zurück hinter die Theke und wandt sich an den Reiter, der dort immer noch saß: "Na, viel neues konntet ihr mir ja nicht erzählen, aber trinkt trotzdem den nächsten Met auf mich. Falls Euch aber noch mehr einfällt sagt Bescheid." Der Schankwirt fing an, routinemässig über die Theke zu wischen und bemerkte, dass sein Gegenüber bei ihm sitzen blieb, anstatt sich zu seinen Kameraden zu gesellen. Mit einer betont entspannten Beiläufigkeit setzte Lenz das Gespräch fort, während er die Theke weiter säuberte: "Wie kamt Ihr vorhin eigentlich darauf, dass es hier Dinge geben soll, die nicht in meinen Büchern stehen?"

Duran war wieder aufgestanden. Er hatte etwas gegessen und etwas getrunken danach hatte er sich etwas hingelegt. Doch er könnte nicht schlafen.
Langsam ging er durch die Flure in Richtung der großen Halle.

Lenz
Der Mann schaute kurz in seinen Becher und zuckte mit den Schultern.
"Ach, Du weißt es doch... Gerüchte überall. Man munkelt. Und ich hoffe wirklich, dass die Sachen in Deinen Büchern stehen. Ich weiß nicht, wie weit die Gerüchte kommen, die das einfache Volk in die Welt setzt. Aber wenn die ach so feinen Herren in der Burg etwas davon mitbekommen, na dann stelle Dich mal auf eine gründliche Überprüfung Deiner Bücher ein. Und nein. Das war keine Drohung. Am Drohen ist mir der Spaß gründlich vergangen."


Duran
Der Baron blieb nicht unbeobachtet, als er durch die Gänge strich.
"Hochwohlgeboren... geht es Euch gut?", klang plötzlich eine Stimme neben Duran.

Duran erschrak.
"Wie? Was?"

Duran
Neben ihm stand ein jüngerer Mann, der eine große Narbe im Gesicht hatte. Er trug einen Wappenrock der Wache. Duran kannte das Gesicht, aber er wusste nicht woher. War dieser Junge nicht auch als Soldat in Baliho gewesen?
Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht seines Gegenübers breit.
"Hochwohlgeboren... ich wollte Euch nicht erschrecken, bitte entschuldigt. Aber... noch einmal meine Frage: geht es Euch gut? Ihr seht aus, als würde Euch etwas fehlen."

"Wo wollt ihr hin? Ein Fluch lag auf diesen Ort!"
"Wie meint Ihr das?" Bogumil sah seinen Gesprächspartner, ein Emporkömmling der es vom ärmlichen Bauernjungen zum wohlhabenden Bauern gebracht hatte, nannte er doch 12 Milchkühe und 5 Schweine sein eigen, die er zusammen mit seinem Lehn mit seiner Familie bewirtschaftete, entgeistert an.
"Na es gab dort ein großes Grauen! Das im Keller der Motte sein Unwesen getrieben hat!"
"Und woher wisst ihr, dass das Grauen besiegt wurde?" Er war ein wenig verunsichert. Von einem Grauen im Keller der Motte hatte er bislang nichts vernommen - zudem der Bauer seine Frage nicht ganz verstanden zu haben schien.
"Es war schon mal dort und ward lange nicht mehr gesehen. Doch als es sich diesmal gezeigt hat soll es die Form eines Elfen mit ausgebrannten Augen angenommen haben. Einer Banshee gleich!"
Dieser Bauer verstand also etwas von seinem Handwerk...
"Doch sagt mir, wie sind die Bewohner der Motte, der Baron von Bärenfels mit diesem Ungeheuer Klar gekommen?"
"Sie haben es unterworfen! Mit der Hilfe der Achte! Andur der Großmagister ist herabgestiegen und hat das Ungeheuer ausgebrannt bis zur Spitze seiner Ohren! Und seit dem ist es geknechtet und muss jeden Wunsch erfüllen, den unser Baron Duran von Bärenfels ihm auferlegt!"
Eine interessante Geschichte - ein Gerücht? Oder die Wahrheit? Auf jeden fall etwas, dass sein Interesse weckte. Etwas muss im Keller der Motte lagern, dass von Interesse sein könnte. Sonst gäbe es keine Gerüchte - das war etwas, dass er gelernt hatte, an jedem Gerücht hängt eine gewisse Wahrheit.
"Und dann ist Tilarasu erschienen und hat dem Großmagister Andur den Segen der ewigen Stärke und Größe wie Großherzigkeit gegeben um anschließend mit ihm durch die Zeit zu reisen um ihm die Macht des Zeitreisens zu geben, damit er uns in Zukunft gegen die Vangpire schützen kann!"
Bogumil war ein wenig überrollt anhand der vielen Größen, die die Geschichte anzunehmen begann. Was waren Vangpire - Vampire? Wer war Tilarasu?
"Verratet mir, lieber Herr, wer ist Tilarasu?"
Die Augen des Bauern weiteten sich in Unglauben. "Ihr kennt Tilarasu nicht?"

Duran musterte seinen gegenüber.
"Was gibt es da zu grinsen du unverschämter Bengel? Ich sollte dich sogleich auspeitschen lassen!"

Duran
Das Gesicht des Jungen wurde plötzlich todernst.
"Entschuldigt, Baron. Es wir nicht meine Absicht Euch zu nahe zu treten. Soll ich Euch etwas bringen lassen? Etwas zum Trinken? Ein Mahl?"

Nochmal sah Duran den Jungen eindringlich an.
Er meinte es nicht böse sah er.
Duran hatte ihm mit seinen Worten einen größeren Schrecken eingejagt als der Junge es gerade getan hatte.
Durans Miene entspannte sich.
"Nein nein. Mir geht es gut. Was lungerst du hier in der Gegend herum?"

Duran
Der Junge zuckte kurz mit den Schultern.
"Ich habe gerade meine Wachschicht hinter mir und im Moment gibt es nichts wirklich für mich zu tun... außer vielleicht bei der Wäscherei zu helfen. Das werde ich auch nachher tun. Ich hatte mich eigentlich mit einem Dienstmädchen verabredet. Aber als ich Euch gesehen habe ist mir schier ein Schreck durch die Glieder gefahren. Wenn ihr aber sagt, dass es Euch gut geht, dann will ich Euch nicht länger aufhalten."

Duran überlegt kurz.
"Wie ist dein Name Junge?"

Duran
Der Junge schaute Duran an und sagte dann:
"Peter, mein Herr. Peter Maier."

"Gut Peter. Dann komm mit mir. Wir gehen jetzt in den blauen Bären!"
Duran sah ihn kurz an. Dann ging er los.

Duran
Der junge Mann war etwas verdutzt... wollte der Baron gerade wirklich mit ihm in den Blauen Bären? Aber was für ein Narr wäre er, wenn er das Angebot ausschlagen würde.
"Aye, Sir.", sagte er und ging hinter dem Baron her.

Duran machte einen weiten Bogen um die große Halle.
Sie kamen auf den Innenhof und Duran wurde schneller.
Es war ihm lieber wenn ihn keiner sah.
Nicht weil er Angst hatte dass es Gerede geben könnte sondern weil er keine Lust hatte wegen irgendwas noch aufgehalten zu werden.
Mit einem Ruck öffnete er die Tür zum Schankraum.

Duran

Drückend warme Luft fiel ihm entgegen. Sie war erfüllt vom Geruch nach viel zu dünnem Bier und billigem Pfeifentabak. Die Männer, die unter Sold standen, waren einfach und konnten sich nichts besseres leisten. Außer sie sparten eine nicht zu verachtende Weile dafür.
Der beißende Geruch hatte aber auch etwas Heimeliges. Er erinnerte Duran an die Zeit zurück, in der er als Hauptmann noch öfter mit seinem Trupp saufen war und die Nacht zum Tag gemacht hatte. Würfel klickerten auf dem Tresen und auf manchen der großen, schweren Holztische. Die Luft war erfüllt mit einem Wirrwar an Stimmen, die lachten, johlten, sangen oder sich schlicht unterhielten.
Die Stimmung war enorm ausgelassen, kein Streit, keine Zwitracht.
Hier drinnen schien die Welt, zumindest für einen Moment, wieder in Ordnung zu sein.
"He! Mach das Loch zu, es zieht!", krakeelte auf einmal eine raue Stimme, die allerdings nur einen Augenblick später zischend zurechtgewiesen wurde.
Erst fielen vereinzelte Blicke zur Tür, aber die Nachricht breitete sich aus wie ein Lauffeuer. Schnell machte sich Getuschel breit und bald war die gesamte Taverne auf den Beinen und schwieg.

Der junge Mann stand nach wie vor hinter Duran. Im Schatten des Barons ging sein Grinsen unter.

"Gibt es hier irgendwas zu glotzen?"
Duran sah sich um.
"Setzt euch!"
Duran ging in Richtung Theke.
"Peter mach die Tür zu und dann komm."
Duran sah sich um.
"Wirt! Die erste Lokalrunde geht auf mich! Bring das Beste was du hast!"

Duran
Die Männer schauten sich verdutzt an und viele setzten sich rasch wieder hin. Kaum verwunderlich war es erst einmal etwas ruhiger, aber als Duran ankündigte, dass er eine Lokalrunde ausgab gröhlten die Männer und jubelten dem Baron zu. Erstaunlich stimmig und harmonisch sangen sie sogar die Hymne von Bärenfels. Das melancholische Lied hallte durch den Raum und aus so vielen Kehlen gesungen klang es ganz anders, als wenn ein einfacher Barde es vorne auf einer Bühne oder auf einem Tisch stehend sang. Es verleitete, so ernst die Thematik auch war, stark zum Mitsingen.

"Hoch auf dem Fels
sitzt ein Bär
auf seiner Wehr!

Wacht übers Land
klarer Blick
starke Hand!

Und bringt der Feind den Krieg zu ihm
scheut er sich nicht loszuzieh'n
Auf, in die Schlacht,
in die Schlacht,
gib gut Acht!

Bald tobt der Kampf
im Morgenrot
bringt Leid und Tod.

Die Fronten aufgestellt,
Schwert auf Schwert,
manch Bruder fällt!

Und wenn wir jemals wiederkehr'n,
soll'n sie uns wie Helden ehr'n!
Doch es war recht für ihn zu geh'n
ins Gefecht!"

Der Wirt, eine Aushilfe, zapfte in der Zeit eine Lokalrunde und brachte den Männern die Getränke.

Peter war der Aufforderung nachgekommen, hatte die Tür geschlossen und sich dann zu Duran gesellt.

Duran sah sich um.
Bei dem Gesang der Männer schossen Duran Tränen in die Augen.
Er lauschte und ein Wirt brachte ihm einen großen Becher.
Als alle etwas zu trinken bekommen hatten und der Gesang verklungen war hob Duran seinen Becher.
"Auf euch!"

Duran
Die Männer hoben den Becher und wie aus einer Kehle erwiderten sie:
"Auf Baron Duran!"

Ein kurzer Moment der Stille, als alle einen kräftigen Schluck nahmen und danach war die Stimmung sogar noch ausgelassener als vorher.
Man merkte den Mannen deutlich an, dass ihnen die Geste des Barons unheimlich gut tat.
Nicht, dass er ihnen ein Getränk spendierte. Es war seine Anwesenheit, dass er sich bei den "einfachen Leuten" blicken ließ.
Diesen gemeinsamen in einer Taverne verbrachten Abend würden sie nicht so schnell vergessen.