Die Geschehnisse um Salome, Finja, Ulfúr, Karah und Owen (Herold, Salome, Finja, Ulfúr, Karah, Johann)

Doch seine böse Vorahnung schien sich zu bestätigen. Als er sich näherte konnte er deutlich Salomes Geist ausmachen und auch Karah meinte er wahrzunehmen, doch war da noch etwas. Klein, kaum wahrnehmbar. Der Hauch eines Bewusstseins. Allerdings konnte der Wolf keine Bewegung in diesem dritten Geist ausmachen, als handle es sich um eine sehr schwache Person, die in einen langen tiefen Schlaf gefallen war.

Ungläubig schüttelte Ulfúr den Kopf.
Da hatte es wirklich jemand geschafft ihn wütend zu machen.

Wieder fletschte er die Zähne und knurrte:
"Oh nein... so nicht!"

Somit begann er einen Zauber zu weben.
Er würde erst einmal eine Warnung abschicken, damit dieses... Wesen merkte, dass er nicht scherzte.
Und wenn sich nichts täte, dann würde er es aus diesen Sphären in die ewige Vergessenheit pusten.

So webte er länger an dem Zauber als vermutlich nötig gewesen wäre. Aber er wollte auf Nummer sicher gehen, dass er seine Wirkung nicht verfehlen würde.

Als er fertig war sandt er einen Teil von ihm in Richtung der Entität, die dort in Salome steckte.
Der Zauber leckte an den Rändern deren Existenz und löste sie teilweise bereits aus dem Zwischenreich.

"Wenn Du nicht augenblicklich meine Schülerin freigibst, dann brenne ich Dich aus der Existenz. Dann bist Du nicht tot, nicht lebendig, dann bist Du einfach nicht mehr. Gelöscht für alle Zeiten. Keine Chance mehr auf irgendeine Interaktion. Für immer bei vollem Bewusstsein im Nichts gefangen. Also. Ich gebe Dir die Wahl. Entweder Du gibst auf der Stelle Karah wieder frei oder ich puste Dich weg und hole mir Karah selbst wieder! Du glaubst doch nicht, dass das ein ernstzunehmendes Problem für mich wäre? Ich habe schon einmal als Seelengefäß gedient!"

Karah war tief im Schlaf gefangen. Am Rande ihrer Wahrnehmung spürte sie, wie Magie an ihrer Existenz leckte. Sie vernahm gleichzeitig die Stimme Salomes, wie auch die des Wolfs.

Wie aus weiter ferne klang die Antwort leise und kaum verständlich zu dem Schamanen durch. Beinahe hätte Ulfúr sie garnicht gehört.
"Ulfúr! Es tut mir Leid! Ich wollte das nicht! ich suche nach einem Ausgang für Karah, aber ich kenne mich mit diesen Dingen nicht aus. Ich bracuhe mehr Zeit! Bitte"
Erkonnte nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich um Salomes Stimme oder um Mia, die Salomes Stimme benutzte, handelte.

Ulfur hielt den Zauber zurück. 
"Sollst Du haben. Aber glaub mir, meine Geduld ist sehr überstrapaziert gerade. Also muss ich Dir raten mich nicht zu verarschen."

Karah hatte einen Traum.
Sie war in einem weitläufigen Raum gefangen. Überall segelten Blätter zu Boden, welche von angesengten Bäumen fielen. Es roch muffig und abgestanden und es langen verkohle, zerrissene Schriftrollen auf dem moosübersähten Waldboden. Sie schaute sich um und ging ein Stück weiter, immer darauf bedacht nicht auf eine der noch glühenden Blätter zu treten. Plötzlich wurden ihr zwei Personen gewahr. Ulfúr, welcher im Schneidersitz auf dem Boden setzte und meditierte. Um ihn herum leuchtende Schlieren. Und etwas weiter abseits stand Salome über einer Person gebeugt. Was sollte sie tun? Zu wem sollte sie gehen?
 Ihr Lehrmeister schien in einer Art Trance zu sein, sie wollte ihn nicht stören. Also ging sie ein paar Schritte auf Salome zu und erschrak War das wirklich ein Traum?
Die Person um die sie sich grade kümmerte war Karah selbst. 
Dann brach der Traum ab.

Eine ganze Zeit verging, ohne das Ulfúr eine Veränderung hätte feststellen können.

Dann hörte Ulfúr ein leises, entferntes Rumpeln, als würden schwere Steine übereinanderfallen. Eine Art Druckwelle erfasste den Schamanen und schleuderte Karah an ihm vorbei in die Zwischenwelt.

Da war es wieder. Dieses Gefühl.
Als würde Karah in der Mitte eines großen dunkelgrünen Sees schwimmen. Blick in den Himmel, die Augen geschlossen. Wie an diesem Morgen schon einmal, als sie in die tiefschwarzen Augen Krähes geblickt hatte. Langsam sank sie auf den Grund um dann die Augen zu öffnen. Sie sah große Bäume, deren Blätter  im Wind wehten, den klaren Himmel darüber. Waren das dort Glühwürmchen? Oder die kleinen Geister welche in der zwischenwelt ihr Unwesen trieben? Sie vermochte es nicht zu sagen. Hinter der Wasseroberfläche war alles etwas verschwommen und unklar und so erging es auch ihrem Geist. Sie beobachtete grüne Schlieren die über dem Wasser tanzten. Da, war das nicht Ulfúrs Gefährte? Sie konnte es nicht sagen, das trübe Wasser versperrte ihr die klare Sicht.   Sie verspürte hier keine Panik oder den Drang an die Oberfläche zu schwimmen. Aber sie wusste tief im inneren, hier dürfte sie nicht loslassen. Sich nicht verlieren.
Dort! Waren das nicht wieder diese kleinen Geister? Wollten sie Karah verspotten, spielten sie mit ihr? Oder wollten die kleinen leuchtenden Wesen ihr nur Gesellschaft leisten?

Ulfúr ließ den Zauber verblassen, als Karahs Geist an ihm vorbeigeschleudert wurde.
Sofort folgte er seiner Schülerin und beugte sich über sie.

"Bei den Geistern... Mädchen, sprich mit mir!", sagte er und klang dabei etwas ängstlicher als ihm lieb war.

"Ulfúr?!" Fragte sie leise.
Aber sie schaute den Schamanen nicht an. Ihr Blick schien weit in die Ferne gerichtet.

Ulfúr atmete erleichtert auf.
"Wo warst Du? Was hast Du gesehen?"

"Ich war bei Salome... In ihrem Labyrinth aus Büchern. Wir haben uns unterhalten, bis ich eingeschlafen bin." Sagte Karah tonlos. Dann blinzelte sie kurz und ihre Augen wurden leer. "Sie wollte etwas ausprobieren... und plötzlich flogen Pergamente umher und Regale stürzten ein." Stammelte sie. Beim nächsten Lidschlag waren ihre Augen wieder normal und starrten an Ulfúr vorbei.

Ulfúr schüttelte langsam und wortlos den Kopf.
Was sollte das alles bedeuten?

"Karah, wir müssen raus aus der Zwischenwelt. Du brauchst Ruhe. Wenn Du weiter geschwächt wirst, dann könnte ein fremder Geist Deinen Körper übernehmen."

"Ja, bitte lass uns gehen"
Sie setzte sich mühsam auf und schaute den Schamanen lange an.
".... Wie?!"

Der Wolf lächelte.
"Ganz einfach. So wie Du letztes Mal auch gegangen bist. Folge mir nach, ich zeige Dir den Weg aus meiner Zwischenwelt. Das wird Dir am Anfang helfen. Später wirst Du die Ausgänge selber finden."

Also half er Karah auf und gemeinsam gingen sie ein kleines Stück in Richtung des einzigen Hügels, welcher auf der Ebene auffindbar war.
Dort wurde der Bewuchs der Bäume immer stärker, die großen Stämme hingen stellenweise übereinander.
In einer Lücke konnte die Schülerin ein schwaches Leuchten erkennen.

"Gut versteckt. Hier kannst Du jederzeit selbstständig gehen, wenn Du willst. Ich hätte Dich auch einfach "rauswerfen" können, aber ich glaube es ist zielführender, wenn ich Dir den Weg zeige."

Im dichten Geäst angekommen lachte Karah leise und erweckte dadurch das Gefühl langsam wieder sie selbst zu sein.
„Du möchtest das ich durch einen leuchtenden Hasenbau deine Zwischenwelt verlasse?“ sie grinste frech. Drehte sich dann aber um und verschwand in der Lücke zwischen den Baumstämmen.

Der Schamane überlegte kurz.
"Hm... so habe ich es noch gar nicht gesehen... in der Regel wird ja davon abgeraten ins Licht zu gehen, wenn man in der Zwischenwelt ist..."

Dann aber folgte er Karah und erwachte ruckartig aus der Trance.

Karah liess sich aus dem Schneidersitz nach hinten auf den Boden fallen und streckte die Arme von sich.
„Was eine Reise… und da hinten geht schon wieder die Sonne auf.“
Für einen Moment hatte sie alle Sorgen der Zwischenwelt und der Ereignisse davor vergessen.
Sie schaute in den Himmel, der immer heller wurde und hörte einen Moment zu wie die Welt erwachte.

Doch der Moment verging nur allzu schnell, als ein kleiner Lufthauch mit ihrem Haar spielte und in ihr die Erinnerung an die um sie wirbelnden Pergamente weckte.

Als Ulfúr erwachte spürte er sofort den Hauch von Magie in der Luft. Es war nicht viel und ihr schien weder eine gute, noch eine böse Absicht innezuwohnen, tatsächlich wirkte sie gänzlich ungerichtet. Einem weniger geübten Schamanen wäre sie sicherlich entgangen, aber der Wolf entdeckte die kleinen Auswirkungen der unkontrollierten Magie. Ein Gesträuch, dessen junge Knospen schon wieder verwelkten. Ein Windhauch, der den Geruch von Pergament und Staub mit sich trug. Eine Blume, die mitten in der Nacht und vor ihrer Zeit zu blühen begonnen hatte.

Ulfúr genoss die ungerichteten Auswirkungen der Magie, die ihn umgab.
Viel zu selten kam es vor, dass die Kräfte der Geister frei wirken konnten und auch wenn die Folgen manchmal freilich nicht besonders schön waren, so konnten sie doch wunderschön sein.

Er sah zu der wilden Blüte und lächelte.
Der Geruch nach Pergament in seiner Nase mutete ihm leicht merkwürdig an, aber auch er war willkommen und wurde vom Wolf dankbar aufgenommen.

Nach dem kurzen Moment des Friedens seufzte er kurz und stand auf.
Seine Schritte führten ihn zu Salome und Owen.

Was war hier nur los?
Beziehungsweise... was mit Owen los war, das war sehr offensichtlich.
Aber was hier mit Salome geschah, das war ihm ein großes Rätsel.

Irgendwas teilte sich mit ihr den Körper... aber warum und was genau das war, das wusste der Schamane nicht.
Besorgt schaute er zu ihr herunter und versuchte sich einen Reim darauf zu machen.

Dabei bemerkte Ulfúr, dass auch die beiden nicht von der unkontrollierten Magie unberühert geblieben waren. Owen atmete regelmäßig und kräftig.
Im Gegensatz dazu wirkte Salomes Atmung fast unregelmäßig und angestrengt. Die Verbrennungen an ihrer rechter Hand sahen aus, als wären sie schon ein paar Tage alt. Und noch etwas anderes hatte sich an der Schreiberin verändert. Ihre Magie, die vorher kaum wahrnehmbar und verborgen gewesen war, floss jetzt ungehindert und unkontrolliert aus ihr heraus.

Auch Karah stand nun auf und gesellte sich zu ihm.
„Mein Geist war in Salome gefangen. Wir waren beide in einer Art Bibliothek mit hohen Regalen die einem Labyrinth glichen. Wäre Salome, ich meine ihr Geist, nicht bei mir gewesen, ich hätte den Weg nicht gefunden. Aber sie kannte sich dort scheinbar gut aus und führte uns in einen Saal, mit Sesseln und einem Schreibpult. Ich weiß nicht genau was sie dort tat, aber kaum das ich saß wurde ich schlagartig sehr müde und bin eingeschlafen. Ich hatte einen seltsamen Traum, ich dem ich dich auf dem Boden meditieren sah… und Salome war über mich gebeugt und wirkte sehr panisch. Als ich aufwachte, war sie das wirklich und sehr nervös. Dann nahm sie meine Hand und versuchte irgendetwas… als wir die Augen wieder öffneten hatte sich der Raum ein klein wenig verändert. Plötzlich erschienen Wände und alles fing an sich zu bewegen und zu beben. Pergamente flogen umher. Dann ging Salome voraus und zeigte mir den Ausgang… Kaum das ich das Tor geöffnet hatte wurde alles schwarz und ich hörte Salome nur noch erstickt schreien.
Es kann sein das ich einige Dinge vertausche. Jedes Mal wenn ich irgendwo erwachte hatte ich das Gefühl eine Ebene tiefer zu sein und ich konnte am Ende nicht mehr von Zwischenwelt, Traum und Unterbewusstsein unterscheiden… Es tut mir Leid Ulfúr, mehr kann ich dir nicht erzählen.“
Sie schwieg einen Moment. „Doch… eins kann ich dir noch sagen. Es war gewiss nicht Mia mit der ich dort verweilte. Ob sie mich in Salome zog?  Das weiß ich nicht zu sagen. Aber es war Salome die mich geleitet hat.“

Sie kniete sich vor Salome und nahm ihre Hand. Erst in diesem Moment bemerkte auch Karah den starken Magiefluss. Sie fühlte sich schlagartig besser und wacher. Als wäre die Reise in die Zwischenwelt schon Stunden her. Erschreckt ließ sie die Hand wieder los.

Die Schilderungen von Karah hörte Ulfúr aufmerksam an.
Dabei verzog er zu keiner Zeit eine Miene.

Viel zu ernst war die Situation mit Salomes Magiefähigkeiten, die nun scheinbar nicht mehr nur unterbewusst schwelten, sondern die jetzt an die Oberfläche gebrochen waren.

"Ich bin kein Seher und kein Traumdeuter. Bei der Bedeutung des von Dir Geschilderten kann ich Dir kaum weiterhelfen als mit meiner unqualifizierten Meinung, die ich mir aber erst noch werde bilden müssen. Aber jetzt... jetzt haben wir vielleicht ein Problem. Die Magie ist entfesselt..."

Er hatte so etwas schon ein paar Mal gesehen.
Mal ging es gut und mal endete es katastrophal.

"Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass wir niemandem von der Inquisition über den Weg laufen."