Bärenfels nach der Rückkehr aus Baliho

Owen sah, wie Landraik an der Tür klopfte und blieb in einigem Abstand stehen.
Es gab gerade nichts schrecklicheres, als in ein Gespräch verwickelt zu werden für ihn.

Seine Kiefermuskeln traten klar unter der Haut hervor, so sehr presste er die Zähne aufeinander.

Duran saß in seinem Arbeitszimmer und studierte die Baupläne für die neue Festungsanlage als es plötzlich klopfte.
"Herein!" rief er ohne aufzublicken.

Finja sah wie Owen stehen blieb, warum konnte sie nicht erkennen. Die Haltung des jungen Ritters strahlte soviel Kälte und Unnahbarkeit aus, dass Finja ein Schauer über den Rücken lief. Sie schob sich in den Schatten einer Fensternische.

Als Owen den Ruf hörte ging er wieder auf die Tür zu.
Mit festen Schritten ging er somit auf Landraik zu, schob sich an ihm vorbei und trat in Durans Raum.

"Duran. Ich muss mit Dir sprechen!", sagte er mit erschreckend dünner Stimme.

Landraik stand etwas überrascht da. Dann blickte er auf seine Unterlagen. "Meine Nachrichten haben Zeit." Warf er Owen hinterher. Verneigte sich leicht und drehte sich auf dem Absatz wieder um.

Ohne sich umzudrehen sagte Owen nun mit etwas festerer Stimme:
"Euch brauche ich auch noch, Sir Landraik, wenn es Euch nichts ausmacht!"

Landraik blieb stehen. "In Ordnung. Wenn ihr wollt. Alleine oder jetzt mit dem Baron?"

Owen zeigte nach wie vor wenig Gemütsregung.
"Gleich gemeinsam mit dem Baron."

Er nickte deute ihm an vor zu gehen und schloss die Tür hinter sich.

Die zwei Ritter standen nun im Raum des Barons.
"Duran, ich rede nicht lange drum herum. Ich muss fort."

Duran sah auf.
"Was musst du?"

Owen legte Duran einen blutverschmierten Brief auf den Tisch.
"Asdis' Pferd und ein weiterer Wallach sind heute wiedergekommen. Ohne meine Frau. Auf dem Sattel sind Blutspuren und eindeutige Zeichen eines Kampfes."

Er tippte auf den Brief.
"In diesem Brief meiner Frau steht, dass der Wallach für mich bestimmt war. Ich werde ihn satteln und mich auf die Suche nach ihr begeben."

Seine Stimme überschlug sich fast.
"Duran... Du weißt, dass ich Dir bis in die Hölle und wieder zurück folgen würde. Aber Asdis ist meine Frau. Und ich habe vor den Achten geschworen mich um sie zu kümmern, bis wir vom Tode geschieden werden."

Er sah auf den Fußboden.
"Solange ich nicht mit absolter Sicherheit weiß, ob sie noch lebt, kann ich keine ruhige Minute mehr finden."

Dann schaute er Landraik an.
"Und Euch, Landraik, Euch will ich demütig bitten in der Zeit meiner Abwesenheit an meiner Statt dem Baron zu Diensten zu sein."

Duran sah betroffen auf den Brief dann zu Owen.
"Und was zur Hölle willst du alleine ausrichten wenn ihr tatsächlich etwas passiert ist?"
Duran stand langsam auf. Er hatte noch etwas Schnerzen aber es wurde immer besser. Dieser dreckige Wilde machte seine Arbeit mit dem Rest der Heiler und Heilerinnen wirklich gut. Es ging bergauf merkte der Baron.
"Owen ich weiß das es keinen schlechteren Zeitpunkt für so etwas geben könnte aber ich weiß auch das es für dich jetzt kaum etwas wichtigeres gibt als dieses Unterfangen.
Nimm bitte ein paar Männer mit."

Ein wenig erstaunt zögerte Owen kurz.
"Ich... aber...", stotterte er, "... gut. Du hast Recht. Ich nehme eine Hand voll Männer mit, die mir bei der Suche helfen sollen. Und ich werde Feder und Papier mitnehmen, damit ich Dir in regelmäßigen Abständen Bericht erstatten kann. Sobald ich Gewissheit habe komme ich wieder."

Er war sichtlich aufgewühlt.
"Danke..."

Andur schaute Idena an.
"Stimmt ja, ihr kennt die Frau des Ritters gar nicht. Sie ist die eigentliche Stallmeisterin hier und wurde bei einer meiner Geschäfte im Ordenreich der Sturmbrecher sehr schwer Verletzt und vom Feind gefoltert und das da ist ihr Pferd."

Irgendwie warfen Andurs Ausführungen mehr Fragen auf als sie bantworteten. "Aha", meinte Idena. "Und wo ist dann sie?"

Landraik stand im Hintergrund und hörte sich das Gespräch aufmerksam an.
"Owen, falls ich euch irgendwie helfen kann, sagt es mir und ich werde es versuchen."

Owen hatte die Fassung so gut es ging wieder erlangt und drehte sich nun zu Landraik.
"In der Tat, das könnt Ihr, Landraik. Euch würde ich, wie bereits gesagt, gerne als meinen Stellvertreter einsetzen. Damit wärt ihr der Statthalter auf Zeit, bis ich wieder da bin. Alles, was Ihr wissen müsst, könnt Ihr Euch von Robert erklären lassen, ich habe den Jungen inzwischen in die wichtigsten Grundsätze und Aufgaben eingewiesen, allerdings kann ich ihn nicht an meiner statt einsetzen... er ist zu jung und hat vom Leben noch nicht genug gesehen. Daher würde ich Euch bitten, dass Ihr diese Aufgabe übernehmt. Ich weiß, dass Ihr ein würdiger Stellvertreter sein werdet und Duran mindestens genau so loyal gegenüber steht wie ich."

Landraik nickte und wandte sich dann zu Duran.

"Ich stehe zu eurer Verfügung. Falls ihr mich als würdig erachtet."

Lilian legte die Stirn in Falten. Sie bemerkte, dass hier mehr im Gange war als es zuerst den Anschein gemacht hatte.
'Dann ist der Frau von Owen etwas zugestoßen, warum sonst sollte das Pferd ohne sie zurück kommen?'
Lilian musterte besorgt die Miene ihres Verlobten.

"Idena überlegt einmal wo sie war die ganze Zeit über." Andur sprach wie ein Lehrer der einen Schüler zum denken antrieb.
"Wir waren im Ordensreich der Sturmbrecher."

Andur nickte kurz als seine Verlobte etwas sagte.

Merwkürdig, wie schnell sich Idena an den Umgangton gewöhnt hatte, den der Baron mit ihr pflegte. Der leicht oberlehrerhafte Ton, den Andur anschlug, missfiel ihr, aber sie versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen. "Ich vermute mal, sie hat das Pferd nicht allein nach Amsivar geschickt. Also wird Eure Verlobte wohl Recht haben."

"Natürlich seid ihr würdig Sir Landraik!"
Duran lief um den Tisch.
"Owen. Bist du dir wirklich sicher?"

Der Ritter sah seinen besten Freund nun direkt an.
"Duran... Du weißt, dass ich nicht gehen würde, wenn ich mir nicht sicher wäre. So gerne ich bleiben würde und so düster die Aussichten auf Erfolg sein mögen...", er musste sich kurz sammeln, "... so ist es dennoch meine heilige Pflicht meine mir anvertraute Frau zu finden. Tot oder lebendig. Wenngleich ich hoffe, sie lebendig zu finden... sollte das nicht der Fall sein, so hat sie zumindest ein anständiges Begräbnis verdient. Ich kann sie nicht einfach da draußen lassen. So oder so. Oder würdest Du Ruhe finden, wenn es Ileana wäre?"

Magdalena stand mit dem Korb Feuerholz vor der Tür des Barons. Es war an der Zeit Feuerholz nachzulegen, sonst drohte der Kamin auszugehen. Doch Magdalena zögerte, aus dem Zimmer des Barons vernahm sie mehrere Stimmen. Ob sie wirklich stören sollte ?
Sie diente erst seit kurzem dem Baron von Bärenfels, war unsicher und wollte nichts falsch machen. Sie nahm ihren Mut zusammen, klopfte und wartete auf eine Antwort.