Bärenfels nach dem Fest der Drachen (2016)

Andur setzte sich und nahm den Becher.
Er hörte in aller Ruhe zu , als Geoffrey auf den Baron zusprechen kam schwabte seine Stimmung um.

"Alberne Gerüchte, dem Herzog geht es blendend! Aber ein Mann seines alters und Standes muss nun einmal wichtige Dinge entscheiden und daher muss er sich gerade Ausruhen!"

Nachdem Andur ihr den Becher abgenommen und Platz genommen hatte, setzte sich auch Magdalena wieder auf ihren Hocker.
Sie hörte aufmerksam zu, doch ihr wurde bewusst wie wenig sie über die Amsivaren und das Land, in dem sie nun bis auf unbestimmte Zeit verweilen durfte, wusste.
Somit blieb sie stille Zuhörerin, lauschte den anderen. Sie versuchte sich auf die Stimmen zu konzentrieren doch übermannte sie zwischendurch die Müdigkeit.
Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch ihr Körper forderte eine Pause ein. Auf ihrem Hocker sitzend schlief sie ein.

Lenz war wie gewohnt im "Blauen Bären" und tat seine Pflicht hinter dem Tresen, als mehrere Jagdknechte eintraten. Es gab einen erlegten Hirsch zu feiern und pflichtbewusst schrieb der Schankwirt alles auf, was die Mannen des Barons vertranken, ohne einen Becher zu viel zu notieren. Die Taverne hatte sich mittlerweile wieder voll etabliert und er konnte die ein oder andere Münze an Gewinn einfahren. Dennoch schienen die Männer nicht immer wieder vollkommen ausgelassen auf den Baron und den Hirsch anstoßen zu können, ohne das sich Wellen des Unbehagens breitmachten. Es lag etwas unstetes Unbestimmtes in der Luft, was sich für den einfachen Amsivaren nicht erklären ließ, wie ein intensiver Albtraum, der, in der Nacht geträumt, einen den ganzen Tag nicht los lassen wollte. Lenz tischte ein paar Wachsoldaten, die just ihre Schicht beendet hatten, den letzten Laib Brot mit Hartwurst und reichlich Bier auf, als diese anfingen, sich über die jüngsten Ereignisse auf der Motte zu Unterhalten, anscheinend war jemand wichtiges verloren gegangen und ein Suchtrupp sollte losgeschickt werden. Der Marketender spitzte die Ohren und verharrt kurz, der Tratsch der einfachen Landser war doch immer wieder seine Aufmerksamkeit wert.

Was ist ein "erstes Volk"? Ist das eine andere Rasse wie Elfen, Zwerge und Attren? Auch wenn sie schon länger in dieser Welt und Zeit weilte, so gab es doch viele Dinge und Begriffe der Sterblichen, die Ti'Larasu noch immer fremd und seltsam vorkamen.
Und ist ein Bastard ein Mischlings-Kind? Oder was ist das?

Ulfúr sah Ti'Larasu freundlich an und war tatsächlich etwas amüsiert.
So mächtig dieser Geist war, gewisse Dinge konnte sie wohl auch nicht wissen.

"Das Erste Volk sind Nomaden, die ihr Leben quasi damit verbringen umherzureisen. Sie haben keine festen Behausungen und leben von dem Vieh, welches sie halten, von Handel und von dem, was das Land ihnen schenkt. Sie sind die ersten Bewohner Amsivars und die Städte, die ihr heute kennt gehen auf Angehörige ihres Volkes zurück, die sich mit dem Reisen nicht mehr abfinden wollten und sesshaft wurden. Aus Niederlassungen wurden Siedlungen, aus Siedlungen wurden Städte und aus ehemaligen Nomaden wurden Stadtbürger. Und sie ist ein Bastard, weil ihre Mutter und der Herzog von Baliho nie verheiratet waren. Sie ist also ein uneheliches Kind und wird deshalb mit diesem Titel belegt. Dass sie ein Mischlingskind ist scheint für die meisten Leute unerheblich zu sein."

So seltsam es Salome auch vorgekommen war, dass Geoffrey zu wissen glaubte der Herzog sei nicht gestorben, sondern dem Wahnsinn verfallen. Die Erklärung Andurs erschien ihr noch unglaubwürdiger. "Wenn Andur sagt, dass der Herzog lebt, wird es wahrscheinlich stimmen. Aber wenn er sich nur ausruhen müsste, so wäre diese Nachricht unter den Leuten verbreitet worden, anstatt den Gerüchten über seinenTod freien Lauf zu lassen. Nein, wenn der Herzog lebt gibt es schwerwiegende Gründe dies zu verheimlichen. Ein möglicher wäre es, wenn er während der Belagerung den Verstand verloren hat. Was auch erklären würde warum Andur dies so vehement abstreitet." Sie versuchte sich an den Herzog und die jenigen zu erinnern, deren Geist durch den Schrecken gebrochen worden war. "Er wäre nicht der einzige." Mit einem Frösteln schüttelte sie den Gedanken ab und beschloss Geoffrey später nach seinen Quellen zu fragen.

Die Erklärung des Schamanen führte dazu, dass die
Sendbotin nur noch verwirrter drein blickte.
Also einfache Nomaden und deren Nachfahren, die Sesshaften. Warum macht man das so kompliziert?

Mein Kind hat niemand einen Bastard genannt, auch wenn Asrakjal und ich niemals vermählt waren.
Warum wird ein Kind über die Eltern definiert und nicht über das, was es selbst einmal schafft?

Der Wolf warf einmal die Arme kurz in die Luft.
"Weil die Menschen stellenweise mehr als fragwürdige Wertevorstellungen haben... ich verstehe es ja selber nicht."

" Pff..... erstes Volk, bei aller liebe und Respekt aber auch sie sind nur die Nachfahren. Amsivar wurde schon immer von Amsivaren bewohnt und nicht von einem bestimmten Stamm! Ich finde diesen Namen eine Beleidigung an jene Stämme die sich niederliesen und sich eindeutig mehr um die weitere Verteidigung dieses Landes kümmerten." Andur verschränkte die Arme.

"Weil es die Götter gegebende Ordnung ist! Die Ahnen wollen es so! Unsere Väter machten es so und deren Väter und auch deren Väter..... bei den Achten......" er schüttelte mit dem Kopf.
"Und Herrin ihr wisst das ich kein Blatt vor den Mund nehme, nur weil ihr es nicht gehört habt muss es nicht so gewesen sein. Ihr wart schon damals mehr als wichtig, da wird so etwas hinter der Hand geredet." Er nahm einen tiefen Schluck Met.

Aber außer meiner Mutter, meiner Schwester und Asrakjal wusste keiner wer ich bin. Ich bin nicht unter Sterblichen aufgewachsen.
Und auch sonst habe ich es nie gehört, sonst hätte ich wohl kaum fragen müssen.

In Weltenwacht, aber nicht in ganz Nan'Kiduraii, konnte man aber als Ungesegneter bezeichnet werden. Also jemand, der nicht die Gabe des Schwarzen in sich trug.
Sie dachte kurz selbst über all das nach und zuckte nur leicht die Schultern.

Egal, wir suchen Idena. Und offenbar irgendwelche Menschen, bei denen sie sich aufhalten könnte.

Er dachte sich nur 'Wenn das stimmen würde dann wäre sie heute nicht hier, es wussten mehrere.'

Andur nickte.

Salome folgte gespannt dem Gespräch. Die Frage der Sendbotin hatte sie überrascht, hatte sie diese Dinge doch nie in Frage gestellt.
Sie erinnerte sich zurück an ihre Zeit im Kloster.
Wie einige Schwestern bei ihren Fehltritten immer gesagt hatten, so ein Verhalten sei ja kein Wunder bei einem Kind, dass ohne Mutter aufgewachsen sei. Wie sie das erste Mal ein Gespräch überhört hatte in dem gesagt wurde, sie hätte ihre Mutter getötet. Es hatte Schwester Marla viel Geduld gekostet ihr zu erklären, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben sei und es nicht Salomes Schuld gewesen war.
Sie erinnerte sich, wie ihr erzählt wurde ihr Vater und ihre Geschwister seien der Seuche zum Opfer gefallen. Wie sie gedrängt wurde zu trauern. Sie hatte nicht verstanden, was der Tod einer Familie, die sie seit ihrem dritten Sommer nicht mehr gesehen hatte, änderte. Aber die Einstellung der Menschen um sie hatte sich geändert. Plötzlich wurde sie mitleidsvoll als Waise bezeichnet und erwartet, dass sie Novizin wurde.
'Nur nach den Taten und nicht den Eltern zu beurteilt und beurteilt zu werden. Welch ein verlockender Gedanke! Es interessiert mich sowieso nicht, wer als Bastard zur Welt gekommen ist und wer nicht. Was die Leute tun ist doch viel wichtiger! Ja, so will ich versuchen die Menschen in meiner Umgebung von jetzt zu sehen und vielleicht sehen einige von ihnen mich dann auch so.'
Der Gedanke holte Salome wieder etwas in die Gegenwart zurück und sie betrachtete die anderen im Raum. Mit Erstaunen wurde ihr klar, dass sie dieses Ziel schon erreicht hatte. 'Alle hier können sich nur nach dem was ich tue richten. Sie wissen von mir nur, dass ich aus Baliho komme.' Sie schluckte schwer 'Wenn der Tod aller die einen kannten und der Verlust der Heimat der Preis ist... dann ist er zu hoch!'

Das Gespräch war ins Stocken geraten und so richtig zielführend war es Salome sowieos nicht vorgekommen.
Die Anspannung ließ langsam nach und sie merkte, dass auch sie müde war.
"Also schicken wir Baron Duran so schnell wie möglich einen Boten", sie unterdrückte ein Gähnen
"und versuchen alle noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen?"

Ich könnte einen von euch ohne Problem direkt zu ihm bringen. Also, wer möchte? Keine Sorge, ich kann die Person danach auch wieder zurück holen, ihr müsst also die ganze Strecke nicht zurück laufen.
Ich selbst möchte von hier im Moment nur ungerne weg. Vielleicht werde ich mir den Keller gleich auch noch selbst einmal ansehen...
Erwarungsvoll blickte sie in die Runde, wer sich für diese Aufgabe melden würde.

Andur dachte an die Reise durch die Palisade oder in die Zwischenwelt zu ihr.... oder Zeitreisen.
"Ich würde es tun..... um zu üben.... naja für den nächsten Besuch bei euch aus eigenen Kraft." Andur grinste.

Es war eine Mischung aus Freude und Belustigung, die sich deutlich in das Grinsen schlich.
Sehr schön!
Mit einem zufriedenen Nicken trat die Sendbotin vor Andur und bedeutete ihm sich hinzustellen. Den Kopf leicht schief gelegt schien sie ihn kurz zu mustern und zu überlegen. Und dann, ohne eine weitere Vorwarnung oder Erklärung, gab sie ihm einen kurzen Stoß mit der flachen Hand vor die Brust. Eigentlich berührte sie ihn nicht einmal.
Vor den Augen aller Anwesenden war Andur plötzlich weg.

Ein kurzer Druck hatte Andur einen Schritt zurück machen lassen. Für einen Wimpernschlag wurde die Welt um ihn herum wie in einen bunten Nebel getaucht. Er kannte dieses seltsame Gefühl bereits, dass alles ihn zu erdrücken schien und doch nichts um ihn herum ihn hielt. Es gab keine Richtung und keine Zeit. Und doch merkte er, dass da etwas war...
Das nächste, was Andur sehen konnte war Duran, der einen knappen Meter von ihm entfernt war.

"Was bei den göttern ist nun schon wieder passiert?" Entfuhr es Landraik als er Andur plötzlich neben ihm sah. Instinktiv hatte er sein Schwert gezogen doch glotze er Andur vorerst weiterhin an.

Andur hob kurz den finger um etwas zu sagen und merkte wie ihm wieder übel wurde.
"Bei den Göttern, ich dachte wenn es die selbe Welt oder Zeitline ist wird mir nicht so übel."
Er musste etwas aufstoßen.

"Netter....ufff.... Trick oder....*keuch*.... ich muss mit dem Baron sprechen."

Als Magdalena kurz aus ihrem Nickerchen hoch blickte, sah sie wie Ti'Larasu und Andur sich gegenüberstanden. Ti'Larasu musterte Andur und plötzlich, als sie eine Bewegung mit ihrer Hand gegen seine Brust andeutete da war .... da war er verschwunden. Ti'Larasu blickte zufrieden in die Runde. Magdalena Blicke waren eher fragender Natur, was hatte sie verpasst, warum war Andur verschwunden ? Es schien ihr so daß alle Anwesenden, außer Ti'Larasu  ähnlich verblüfft waren wie sie selbst.

Salome hatte nur einmal kurz geblinzelt und Andur war weg. Einfach so verschwunden, irritiert blinzelte sie ein weiteres Mal, aber der Priester tauchte nicht wieder auf.
Magie! Seit sie Baliho verlassen und dem Ruf in die Drachenlande gefolgt war, schien die ganze Welt voll davon zu sein. Aber für heute reichte es!
Salome sah, dass Magdalena aufgewacht war und ging zu ihr hinüber. "Entschuldige, dass wir dich geweckt haben. Hättest du vielleicht eine Kerze für mich? Wir sollten ja nicht im Dunkeln unterwegs sein, auch wenn es nur der Weg ins Bett ist" müde lächelte sie die Magd an.

Magdalena schaute Salome freundlich an. "Ist euch denn schon ein Zimmer zugewiesen worden? Ich zumindest wurde noch nicht beauftragt euch ein Zimmer herzurichten. Wollt ihr nicht hier in meiner Kammer schlafen? Platz ist doch jetzt genug. Aber wenn ihr lieber alleine sein wollt, nach den ganzen Anstrengungen, gebe ich euch gerne 1 oder 2 Kerzen." Magdalena blickte von einem zum anderen und überall sah sie in müde Gesichter. Na ja, fast bei Ti'Larasu konnte sie keine Müdigkeit feststellen. "Wir sollten alle ein wenig schlafen, oder sollte jemand Wache halten?"

"Sir Landraik wollte sich darum kümmern, aber leider habe ich ihn nicht mehr gesehen."
Salome sah sich etwas unsicher im Raum um. Groß genug war er zwar, aber... nun sie würde darauf vertrauen, dass Ti'Larasus Magie nicht plötzlich nachließ. Mit Magdalena die Kammer zu teilen war aufjedenfall besser, als auf der Suche nach einem Schlafplatz durch die Motte zu irren.
"Ich nehme dein Angebot also gerne an und eine Wache brauchen wir, glaube ich, nicht solange wir so hohen Besuch haben" fuhr sie mit einem ehrfurchtsvollen Blick zur Sendbotin fort.

Ti'Larasu lächelte freundlich und nickte Salome zustimmend zu.
Ich werde heute Nacht wachen. Ihr könnt in Ruhe schlafen.
Dann will ich auch nicht weiter stören. Wir werden morgen weiter darüber beraten, was getan werden kann.
Mit einem Nachtgruß verließ sie das Zimmer und machte sich auf den Weg in den Keller.

Geoffrey starrte Ti'Larasu einen kurzen Augenblick hinterher. Nachdem, seiner Meinung nach, genug Zeit verstrichen war, stand er auf und sagte kurz angebunden "Schlaft wohl, ich werde jetzt meine Bettstatt aufsuchen" und begab sich hinaus aus dem Zimmer.
Der Flur war sperlich beleuchtet, war MAgdalena durch die Begebenheiten abgelengt gewesen und einige Kerzen schon runtergebrannt und nicht nachgelegt.
Er irrte ein wenig durch die Motte fand sich in dunklen Gängen wieder und dachte bei sich, dass wenn er jetzt den Discher bei sich hätte oder wenigstens eine Kerze... 'aber nein das einziege an das ich jetzt denke ist immer dieser dumme Dämon'. Seine Nackenhaare richteten sich auf bei dem Gedanken und wer kennt es nicht dieses Gefühl, dass wenn man Nachts allein durch dunkle Flure oder Treppen geht, als ob sich etwas Kleines an den Rücken heftet wie ein kleiner Aufhocker.
Geoffrey sah sich nach hinten um, fasste mit seiner Hand zu seinem Rücken konnte aber durch seine ungelenken Bewegungen nicht den ganzen Rücken ertasten. Das Gefühl wurde bohrender, unangenehmer und so lief er schon schneller, gehetzt durch die Gänge auf der Suche nach dem Ausgang.

Finja hatte lange schweigend zugehört und als Salome und Magdalena sich zur Ruhe begeben wollten, schlüpfte sie leise hinter der Sendbotin zur Tür hinaus. Sie wusste selbst nicht genau warum, eigentlich war auch sie todmüde, aber wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen folgte sie Ti'Larasu. Der Stein an dem Anhänger ihrer Kette schimmerte wie immer im Dunklen silbrig weiß und verbreitete ein schwaches Licht.