Vier Wege, die sich einen (Ulfúr, Salome, Jorge, Bogumil)

Hannes sah ein kleines Licht eine gute Strecke vor sich aufflackern.
Entweder war es Jorge oder ein anderer Reisender.
Es war ihm egal wer genau es sein könnte.

"Jorge, Du elender Dickschädel!", rief er laut und rannte weiter.
Die Luft in seiner Lunge brannte bei jedem Atemzug und seine Beinmuskulatur wurde langsam aber sicher schwächer.
Er war immer schon der kräftige, nicht der ausdauernde Typ gewesen.

"Jorge! Hau doch nicht einfach ab!"

Bogumil nahm den Tee von Salome entgegen. "Hab dank, eine Stärkung die ich gerne entgegen nehme. Wollen wir die Suppe vorbereiten? Ich hole dann eben noch etwas Wasser aus dem Bach und dann können wir anfangen das geschnittene Gemüse einzukochen."
Bogumil stand auf um das Gemüse, das an der Kiepe von Hannes hing, zu holen und reichte es Salome. Verwirrt sah er sich um um sich dann mit der rechten Hand am Kopf zu Kratzen.
"Oh".... "Jorge hatte die Gewürze, na dass kann jetzt eine fade Suppe werden, ihr hattet ja ein Speisegebot abgelegt oder irre ich da? Kein Fleisch um der Suppe noch ihren Geschmack zu verleihen? Wir könnten den Pfefferrand der Wurst versuchen abzuschaben, aber dann würde auch wieder unweigerlich Tierisches Fett in die Suppe kommen" Bei dem laut ausgesprochenem Gedanken knurrte Bogumils Magen.
"Dann muss ich mich wohl nach der ein oder anderen Pflanze zum Würzen umsehen"

Er schaute sich um, konnte aber unter den ganzen für ihn fremden Pflanzen nichts identifizieren, bei dem er sich zu 100% sicher gewesen wäre nicht sich und seine mitreisenden um die ein oder andere schlaflose Nacht oder gar das Leben zu bringen.

"Wir werden schon etwas finden." aber ganz überzeugt klang Salome nicht. Sollte Hannes Jorge nicht überzeugen wieder zur Gruppe zurückzukommen würde das ihre Weiterreise stark beeinflussen. Und das nicht nur wegen der Gewürze und dem anderen Proviant, den er dabei hatte. Hannes würde sicher nicht mehr so fröhlich sein, sie selbst würde doch keine Rogolanischen Runen lernen und insgesamt wäre die unbeschwerte Wanderung vorbei.
Lustlos begann sie das Gemüse zu schneiden und nippte dabei immer wieder an ihrem Tee.

Jorge blieb wie versteinert stehen, und schaute sich um. Das war doch Hannes der ihn da aus der Nähe rief.
"Du Närrischer Tölpel, hättest du mich nicht einfach gehen lassen können?" Sagte Jorge leise ,mehr zu sich selbst als zu irgend jemanden sonst.
Was sollte er nun machen. wenn ihn das Licht noch nicht verraten hatte hätte er versuchen können sich in einer der Felsspalten zurück zu ziehen. Aber dabei hätte sich er sich noch unwohler gefühlt als so schon. Es war eines seine Weggefährten ohne ein Wort zu verlassen, aber ein anderes einen alten freund nun zu täuschen.
Jorge setzte also die Kiepe ab und nahm das Tuch von der Lampe um Hannes zu zeigen das er stehen blieb.
Als er sich in die Richtung seiner stimme umdrehte sah er in tiefe Dunkelheit hinein. "Wie möchte er mir gefolgt sein?" Das Hannes den Weg zu Jorge finden würde war in einer Schlucht keine große Leistung. Doch schien der Narr nicht mal eine Lampe mit sich zu führen, und dann noch in diesem Tempo.

Hannes kam bei Jorge an und wollte gerade in eine wilde Schimpftirade verfallen, als seine Lunge ihm den Dienst versagte und er sich erst einmal keuchend nach vorne gebeugt auf seine Knie stützen musste. 
Er hob einen Finger um anzudeuten, dass er gleich bereit wäre, schnaufte einen Moment lang noch und sah dann zu Jorge hoch. 

"Du elender Heckenpenner. Was denkst Du eigentlich, was Du hier machst?“, fragte er, immer noch sichtlich außer Atem.

Auch wenn Jorge mit Worten dieser Art gerechnet hatte trafen sie ihn dennoch in ungeahnter härte. Er hielt kurz inne und Suchte nach einer Antwort, doch was sollte er sagen? welche Worte waren in dieser Situation die Richtigen. Ihm fiel nichts ein was er sagen konnte und da er keine Reaktion für die Schlechteste Antwort hielt, brachte er nur ein verlegenes leises "Ist alles ok bei dir? Möchtest du etwas Wasser?" heraus.

Hannes schüttelte den Kopf. 
"Wahnsinnig nett von Dir, aber das beantwortet meine Frage nicht. Was denkst Du, was Du hier machst? Glaubst Du ich bin so lange mit Dir gereist, habe Dich so lange und so vehement verteidigt nur, damit Du jetzt einfach abhaust?"

Ulfurs Worte trafen Jorge tief ins Mark. Er wusste das Ulfur so denken musste, doch hatte er auch diesen Aspekt vor seiner Abreise bedacht.
"Ulfur, das weiß ich doch.... Es ist mir sicherlich nicht leicht gefallen." Jorge holte tief Luft. "Ich fühle mich euch gegenüber zunehmend wie ein Verräter solange ich weiter mit euch Reise und du und Salome sind sicherlich die letzten denen ich die Konsequenzen meiner Entscheidung zumuten möchte. Ich habe mir gefährliche Feinde gemacht und die machen vor euch sicherlich nicht halt wenn sie uns zusammen erwischen." Während er sprach schaute er schaute Ulfur in die Augen und hoffte in der Dunkelheit irgend ein Mimik seines Freundes zu erkennen. "mich von euch aber noch zu verabschieden und mich zu erklären hätte ich schlicht nicht ertragen. Dazu bin ich nicht manns genug"

Hannes schüttelte den Kopf.
"Erst gehst Du mit uns, erzählst uns sogar von den Vorkommnissen bei den Zwergen und dann plötzlich fällt Dir ein, dass es doch zu gefährlich für uns sein könnte? Ernsthaft... das ergibt keinen Sinn. Wenn die Zwerge Dich suchen, dann werden sie mit Sicherheit auch bei dem ein oder anderen Wanderer der uns begegnet ist die Information bekommen, dass Du mit uns unterwegs warst. Was meinst Du denn was passiert, wenn sie uns ohne Dich antreffen? Dass sie uns nett und freundlich danach fragen wo Du abgeblieben bist? Eher nicht. Wir stecken eh schon bis über beide Ohren mit drin, deswegen brauchst Du Dich jetzt nicht heroisch alleine auf den Weg zu machen. Lass uns doch lieber noch die gemeinsame Zeit genießen bis sie uns irgendwann vielleicht finden. Oder vielleicht finden sie uns ja auch gar nicht und die ganzen Sorgen waren völlig umsonst."

"Deine Sorgen um euch sind unberechtigt, wenn es darum geht das die Zwerge euch schlimmeres antun würden wenn ich nicht dabei wäre. Ihnen sind ihre guten Beziehungen zum Reich der Menschen viel zu wichtig als das sie es sich erlauben würden derlei Maßnahmen zu ergreifen. Sie hätten es auch überhaupt nicht nötig. Ihre guten Handelsbeziehungen durch die sie es auch vielerorts geschafft haben ganze Regionen in eine materielle Abhängigkeit zu werfen ermöglicht ihnen die politische Einflussnahme bis hier und darüber hinaus. Sie brauchen nicht selbst Handanlegen wenn die hiesigen Büttel und Gardisten als ihre Marionetten dienen. Sollten sich mich allerdings erwischen will ich mich nicht widerstandslos den Zwergen ergeben. Insoweit währt ihr in meiner Anwesenheit durchaus einer akuten Gefahr ausgesetzt." Nach einem kurzen Moment des Schweigen setzte er erneut an. "Ich... Wir... Lass uns zurück gehen, es hat jetzt eh keinen Sinn hier im Dunklen weiter herum zu stehen. Überzeugen könnte ich dich jetzt eh nicht. Da können wir auch genau so gut zu den anderen zurück kehren und sie an den Gedanken teilhaben lassen."

Hannes nickte, als er den letzten Satz hörte.

"Jetzt spricht wieder die Vernunft aus Dir! Genau das sollten wir tun!", sagte er und deutete in die Richtung aus der er gekommen war.

"Wir sind noch nicht zu weit von den anderen Beiden weg. Auf geht's."

Den Weg über schwiegen beide und konzentrierten sich darauf auf dem stellenweise sehr zerklüfteten Boden nicht den Halt zu verlieren.

Als sie im Lager zurück waren war es bereits Dunkel um sie herum. „Weist du, so unterschiedlich wir auch sind, aber einen Freund wie dich hätte ich bei den Zwergen gut gebrauchen können“…..“Danke“. Jorge setzte die Kiepe ab. Und ging zu dem kleinen Lagerfeuer und setzte sich schweigend auf seinen Mantel.

Hannes sah Jorge eine Weile nach, wie er dort zu dem kleinen Feuer ging.
Irgendwie hatten die Worte von Jorge ihn zutiefst berührt. Selten hatte jemand ihn als Freund bezeichnet.

Er holte aus seiner Kiepe ein kleines Fläschchen mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit darin und folgte Jorge.
Wortlos drückte er ihm die Flasche vor die Brust und lächelte.

Es war Whiskey.

Das Feuer war bis auf ein kleines Glutbett herunter gebrannt. Daneben stand noch eine Tasse mit kaltem Tee, doch der kleine Topf stand zwischen den verkohlten Zweigen und enthielt tatsächlich noch gerade genug für zwei Portionen etwas verkochter, lauwarmer Suppe.
Salome lag etwas abseits vom Feuern in ihren Mantel gehüllt, hätte sie sich nicht bei der Ankunft der beiden von Ihnen weg gedreht hätten die Neuankömmlinge sicher gedacht sie schlafe schon.

Nachdem Bogumil gegessen hatte machte er sich daran im Fluss das benutzte Geschirr sauber zu machen, damit die Essensreste nicht daran eintrocknen würden. Nun betrachtete er aus schläfrigen Augen die Ankommenden und lächelte Jorge aufmunternd zu. Zumindst war dies seine absicht.
Er war zwar schon einige male allein gereist, dennoch bevorzugte er den Schutz von Weggefährten. Nun würde es sich sicherer schlafen lassen.
Er nahm seine Pfeife herraus und stopfte sie mit einem besonderen Kraut, welches die Gemühter beruhigen würde und entzündete es mittels einem Stecken, der im Feuer gelegen hatte. Anschließend bot er den beiden die Pfeife an und reichte nach zwei kräftigen Zügen diese an Jorge. "Falls euch danach ist ein Pfeifchen mit mir zu teilen? Es ist ein aventurisches Pfeifenkraut, eines meiner liebsten"