Landraiks Suchgesellschaft

Ein großer Mann im Tross blieb stehen und schaute sich um.
"Wir sind Reisende, warum fragt Ihr?"

"Und was ist der Zweck Eurer Reise? Woher kommt Ihr?"

Der Mann sorgte dafür, dass der restliche Tross anhält.
"Wir sind reisende Händler. Gebürtig komme ich aus Viernbirk, meine Freunde hier müsst ihr selber fragen im Zweifelsfall. Die letzte Reise führte uns in Richtung Baliho, wo ja allerdings auch nicht so viel zu machen war."

Das sonderbare Gefühl blieb.
Irgendetwas stimmt hier doch nicht...
Sie wirkten nicht gefährlich... Aber was zerrte denn hier so stark an seinen Gedanken?
Ach Götter, warum denn immer in Rätseln.

"Händler? Womit handelt Ihr denn?"

Der Mann schaute Johann etwas verdutzt an.
Wollte dieser Kerl tatsächlich hier und jetzt einen Handel beginnen?

"Nunja, ich handle mit Gewürzen aller Art, mein Kumpel Hierob handelt mit Stoffen und unsere Begleitung Liesel dort ist Geschichtenerzählerin."

Johann stieg vom Pferd hinunter. Innerlich jauchzte er, weil ihm dies gelang ohne auffällig unbeholfen zu sein.
Er ging an dem kleinen Tross vorbei wobei er seinen alten Stern durch die Finger hin und her gleiten lies und sich etwas von ihm führen lies wie von einem Kompass.
"Hmm," machte er nachdenklich und bedachte die Gruppe mit einem sonderbaren Blick," und Euch ist nicht zufällig etwas komisches auf eurem Weg hierher passiert? Etwas aufgefallen?

Der Mann schaute seine Reisebegleiter an.
"Wasn zum Beispiel?"

"Zum Beispiel Menschen die hier nicht hingehören? Die irgendwie ...komisch aussahen?"

"Naja, vor einer ganzen Weile haben wir ein paar Leute gesehen, die komisch aussahen. Liesel meinte, die wären vom Ersten Volk oder so...", sagte der Mann.

"Ja, genau. Die haben wir vor einer ganzen Zeit gesehen.", rief Liesel dazwischen.

"Und letztens sind uns von denen auch nochmal welche entgegengekommen."

"Welches Volk?!"

"Na... diese Nomaden, die durchs Land ziehen. Mit ihren bunten Klamotten und ihren schönen Pferden."

"Wer? Was? Gaukler? Ihr meint Gaukler?"

"Neeee... Gaukler sind doch nochmal was anderes. Diese Nomaden, die nirgendwo besonders lange bleiben. Die haben große Jurten, viele Pferde und tragen halt ganz andere Kleidung als wir. Mit Gauklern hat das nichts zu tun, die leben von ihrem Vieh und von dem, was das Land ihnen gibt.", sagte Liesel, die inzwischen auch zu Johann getreten war.

"Und handeln tun se auch ganz viel!", warf der Mann ein, mit dem Johann ursprünglich geredet hatte.

"Aha, fahrendes Volk. Naja."
Johann nahm die Informationen erst einmal hin. Wer weiß schon welche regionalen Mythen hier gerade verbreitet wurden.
"Und die kamen euch also komisch vor? Weil...?"

Liesel sah ihren Begleiter etwas skeptisch an.
"Naja, der Großteil von ihnen war halt typisch angezogen. Aber sie haben ein Mädchen bei sich gehabt, das nicht unbedingt den Eindruck machte, als wäre es wirklich freiwillig bei ihnen."

"Sir Landraik?!" reif Johann an die Spitze der eigenen Reihen.
"Ich glaube das solltet ihr hören! Kommt doch einmal heran! Und Ihr,"
Der Prediger wand sich wieder an die Geschichtenerzählerin,
"Ihr rührt Euch nicht vom Fleck."

Landraik der grade etwas abseits war stieg auf das Pferd und trabte heran.

"Johann?! Was ist so wichtig dass ich es hören soll?"

"Die guten Herrschaften haben hier wohl ein paar Streuner gefunden, die eine junge Frau unfreiwilliger Weise dabei hatten."
Er wand sich wieder an die Geschichtenerzählerin: "Erzählt weiter."

Liesel sah Landraik an, die beiden Reisenden verneigten sich auch vor dem Ritter und dann meinte die Frau:
"Ja, was soll ich noch groß sagen... Richtung Nordwesten sind se geritten, das Mädel schien nicht wirklich erfreut... konnte sich aber schlecht wehren. Ungünstig, wenn man geknebelt ist. Wir wollten die noch aufhalten, aber auf ihren Ponies waren sie einfach schneller unterwegs. Aber wenn se mir das Mädel zeigen, ich erkenn die auf jeden Fall. So blonde Haare kenn ich sonst selten. Und die Farben... die tragt Ihr ja auch, hoher Herr."

Landraik's Augen weiteten sich. "Ihr sagtet Nordwesten?" entfuhr es ihm etwas lauter. "Wieviele waren es? Waren sie bewaffnet? Wisst ihr wo sie ein Lager aufgeschlagen haben könnten?"
Harsch, doch nicht unfreundlich schossen die Fragen aus dem Ritter heraus während Landraik die Frau musterte.

Die Frau schüttelte den Kopf.
"Neee... wo die ihr Lager haben könnten weiß ich nicht. Die sind ja nur an uns vorbeigeritten. Das waren so um die acht Leute, vielleicht noch ein paar mehr, ich habe sie jetzt halt auch nicht gezählt, nicht wahr... aber bewaffnet waren sie. Ein paar hatten Reiterspeere, einige hatten Pfeil und Bogen und ich hab auch ein paar Waffen gesehen, die ich nicht wirklich einordnen kann. Sahen aus wie eine Mischung aus Sichel und Schwert. Verrückte Teile. Tun bestimmt saftig weh, wenn man damit vom Pferderücken aus getroffen wird, das glaub ich aber."

Johann sah den Ritter fragen an:
"Was sagt Ihr also? Sollen wir hinterher?"

"Wir reiten weiter! Und seid wachsam!" rief Landraik und ließ sich zum Baron zurückfallen.

"Sire, Wir haben eine Spur. Idena scheint noch am leben zu sein. Sie wurde jedoch scheinbar von diesen Nomaden gefangen worden zu sein. Unter Umständen haben wir nicht genug Männer dabei um einen vernünftigen Angriff auf die Entführer zu starten. Wir sollten also mit Bedacht vorgehen."

Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst gehabt. Und sie hatte sich schon in vielen beängstigenden Situationen wieder gefunden, seitdem sie in dem Dienst des Barons stand. Aber das hier war anders. All die Dinge, vor denen sie sich als Kind geängstigt hatte und von dem sie glaubte, es längst hinter sich gelassen zu haben, hatten sich in diesem Augenblick manifestiert. Das schlmmste aber war, dass sie nichts tun konnte. Als sie sie mitgenommen hatte, hatte sie sich natürlich gewehrt. Aber sie waren viel zu viele gwesen als dass sie ernsthaft eine Chance gehabt hätte. Und dann hatten sie sie gefesselt. Jetzt saß sie frierend und festgebunden an einem Pfosten in einem Zelt auf dem nackten Boden. Es war dunkel und sie war alleine mit ihren Erinnerungen. Die Worte ihrer Halbschwester kamen ihr in den Sinn. Wie sie Idena Mutter als Wilde bezeichnet hatte, deren Volk unvorsichtige Menschen entführte, sie ämonen opferte und sie manchmal auch aß. "Albernes Gerde", hatte ihre Mutter nur kopfschüttelnd gesagt und damit war für sie die Sache erledgit gewesen. Idena hatte ihr geglaubt. Aber jetzt, wo sie hier saß und nicht wusste, warum sie hier war, fragte sie sich, ob an dem Gerücht nicht doch etwas dran war. Würde es so enden? Und würde sie jemand vermissen, vielleicht sogar nach ihr suchen? Vielleicht hatte sie ja noch eine Chance. Doch als sie kamen, um sie zu holen, wusste sie, dass selbst wenn es so war, nun zu spät war.

Auch Johann blickte in die Runde:
"Wir sind schon mit ganz anderen Sachen fertig geworden... Also die Mannen.
Ich denke wir sind bereit!"